Gekentert im Gewittersturm E in sonniger Tag im August - wir segeln einen 20er Jollenkreuzer auf der Müritz vom Bolterkanal mit Ziel Sietow.
Die Familiencrew bestand diesmal nur aus meinen beiden Söhnen ( Christian, 19 u. Tobias ,15) und mir (48, Skipper und Vater und deshalb für alles verantwortlich ). Die Gewitterwolken am Horizont haben wir zwar bemerkt, aber sie waren ja noch weit weg und auch noch in Lee. Etwas mehr Wind hätten wir gerne gehabt, als wir auf der Höhe des Steinhorns vor Röbel beschlossen, heute wohl doch besser unser Ziel Sietow aufzugeben und den die Liegeplätze des Segelvereins in Röbel anzusteuern. Es zog sich auch langsam zu. Noch war alles ganz ruhig, etwas näher an Land noch zwei andere Boote unter Segel. Wir waren vielleicht 300 Meter vom Ufer entfernt, viel näher wollten und konnten wir wegen der Steine in Ufernähe und des Naturschutzgebietes nicht unter Land. Eigentlich erschien mir die Situation noch immer nicht bedrohlich, daß wir den Außenborder anwarfen, lag mehr am fehlenden Wind, wir wollten nicht erst spät Abends unseren Liegeplatz erreichen. Die Segel hatten wir noch oben und wollten uns gerade ans bergen machen, da kam die erste Boe:Austeuern, Großschot los, - immer noch zuviel Lage - Vorschot los.... - das gibt es doch nicht, wieso segelt der 50 Meter neben mir noch ganz gemütlich aufrecht und unter Vollzeug. - der Großbaum schleift durchs Wasser, wir versuchen immer noch in den Wind zu steuern - , der Wind dreht und dreht und der neben mir segelt immer noch ruhig seinen alten Kurs, gleich ramm ich ihn - noch mehr Lage: - - - und dann lagen wir endgültig drin. Tobias war unter Deck, sein entsetztes Gesicht schau aus dem Niedergang: Was ist denn jetzt passiert? Die Schwimmwesten raus - Tobias bekommt die Schranktüre nicht auf in der unsere Westen verstaut sind: -Komm aus der Kabine!Tausend Gedanken: Schwimmt das Boot? Es ist aus Vollholz, aber ob es deshalb wirklich unsinkbar ist? Alle Mann sind im Wasser und halten sich im Cockpit fest. Ich muß rein und die Schwimmwesten raußholen, rohe Gewalt an der Schranktüre, ich hab zwei Westen - wo ist die Dritte? -Egal, erst einmal die Kinder! Sie halten sich echt gut, ohne erkennbare Panik, endlich stecken sie in den halbautomatischen Westen und ziehen den Auslösemechanismus - mir fällt ein Stein vom Herzen!
Die Allegre schwimmt stabil in Querlage - ich liebe Holzboote! Wir klettern aus dem Wasser auf die Kante, das Boot wird nicht untergehen. - Ruhig, die größte Gefahr ist vorüber. R ettung naht: Ein Segler hinter uns hat die Kenterung bemerkt. Auch mit rechtzeitig geborgenen Segeln hatte er noch Probleme und versucht jetzt, unser Boot anzusteuern. Die ersten beiden Versuche mißlingen, der Wind treibt ihn mehrmals ab. Dann endlich ist er nahe genug um unser Rufen zu verstehen: "Da schwimmen noch zwei im Wasser!" Noch ein paar Anläufe, die beiden Schwimmenden können die Leine nicht fangen, unser Retter kann das Boot nicht gegen den Wind halten, noch ein Versuch. Gott sei Dank treibt unser Boot auf die Beiden zu. "Schwimmt her zu uns!"- Sie hören uns und kämpfen sich gegen die Welle in unsere Richtung. Die Frau ist erschöpft und wird bereits von ihrem Mann geschleppt: "Noch 5 Meter, das schafft ihr noch!" Die Beiden sind am Boot, festhalten, kommt rauf! Allegre schwimmt auch mit uns Fünfen, braves Schiff!Wir kennen die beiden aufgefischten Segler, sie haben am gleichen Tag wie wir ihr Boot übernommen: Ein Paar auf Hochzeitsreise! Sie nahmen noch den Hochzeitsstrauß mit an Bord - jetzt ist alles untergegangen, sogar ihre Eheringe. Unser Rettungssegler taucht wieder auf. Noch einmal schlägt die Leinen-Übergabe fehl. Nur ruhig, es besteht keine Gefahr mehr! Bei nachlassenden Sturm wird plötzlich alles leichter, der Segler kommt quer zu unserem treibenden Boot, wir können übersteigen. Er hatte nur unser Boot bemerkt, die zweite Kenterung nicht gesehen. Glück im Unglück für unser Hochzeitspaar, die hätten nicht mehr die Kraft gehabt, lange zu schwimmen. F ast so schnell wie die Gewitterboe über uns hereingebrochen ist, legt sich der ganze Spuck wieder. Ein großes Hausboot hat vor Anker den Sturm abgewettert und liegt nur ein paar hundert Meter weit weg. Da gibt es bestimmt ein Handy an Bord! Wir gehen längstseits, werden aufgenommen, und zwei Mobiltelefone geben vorsorglich Entwarnung an die Rettungsdienste: "Zwei Seglelboot gekentert, alle Personen geborgen, keine Gefahr mehr".Tee wird gekocht, wir Schiffbrüchigen werden versorgt (Ich rümpfe nie mehr die Nase über luxuriöse Hausboote!). Um unsere treibende Allegre haben sich bereits einige Boote versammelt. Es gibt zwar keinen offiziellen Rettungsdienst an der Müritz, aber deshalb reagieren die einheimischen Wassersportler besonders schnell. Wir fahren zurück und geben auch hier Entwarnung. Und dann muß ich zurück ins Wasser: Wenn ich mein (Charter-)Boot schon umkippe, dann will ich auch selber versuchen, es wieder in aufrechte Lage zu bringen. Trotz Motorboot-Hilfe, Segelbergen, etc. mißlingen alle Versuche. Die Allegre liegt zu tief und fällt immer wieder auf die Seite. Zwei Fischer schleppen die Allege an flache Ufer. Ich muß aufgeben, meine beiden Kids sind auf dem Hausboot - ohne Geld und Papiere sollten wir besser zusammen bleiben. All unsere Sachen sind natürlich noch an Bord: Geldbörsen, Ausweise, Autoschlüssel, Klamotten usw..
Herr Patschurek von Traditional Boat Charter erwartet uns in Rechlin. Glücklich ist er bestimmt nicht, aber doch froh, daß uns wenigsten nichts passiert ist.
Norbert G.
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